Montag, 14. Februar 2011

Luminate – Earth Friendly Festival

Zu dem Festival zu gehen war ein relativ spontaner Entschluss. An sich brauchten sie ja, wie gesagt, jede Hand im Orchard, wegen der beginnenden Reife der Pfirsiche und Nektarinen. Aber erstens war die Arbeit nicht sehr schön und zweitens hielt uns wirklich nichts mehr in Kaituna. Zwei volle Monate waren wir nun an diesem Ort, an dem täglich das Murmeltier grüßte.
Anregung zu dem Festival hatten wir schon von einer Mitpflückerin Anfang Dezember bekommen. Doch dies war so lange her, da hatten wir die Sache schon nicht mehr richtig im Kopf. Als wir dann aber in Lyttelton, unserer Lieblingsstadt in Canterbury (so heißt der District, in dem wir uns befanden), zufällig auf ein bekanntes Gesicht stießen, rückte das Festival wieder in unser Bewusstsein. Der Straßenmusiker, den wir schon von der Trommelsession bei Vollmond kannten, erzählte uns, dass er auch auf dem Luminate auftreten werde. Dies gab uns Anstoß über unsere nächsten Pläne nachzudenken. An sich hatten wir ja vor noch eine Weile in Canterbury zu bleiben und einige WWOOF-Plätze aufzusuchen. Auch die berühmte Stadt Akaroa hatten wir noch nicht gesehen. Doch alles halb so wild, dachten wir. Die Insel ist nicht so groß und es wird die Möglichkeit geben noch einmal zurückzukehren.

Bei unserem gemütlichen Abschiedsessen mit Kaminfeuer, zu dem wir Grant, seine Frau Helen und die Tochter Sophie, sowie Justin einluden, wurde uns gesagt, dass wir immer wieder gern willkommen sind.

Junge spielende Seals
Am Mittwoch, den 26. Januar sagten wir dem Orchard „Lebe wohl!“ und brachen mit all unserem angesammelten Zeug zunächst auf nach Picton, was ganz im Norden der Südinsel liegt. Wir fuhren ganz gemütlich an der Ostküste entlang und streiften auf dem Weg noch die mehr oder weniger berühmte Stadt Kaikora, die uns jedoch nur mit Gestank zu beeindrucken wusste. Kaikora ist bekannt für seinen Whale- und Dolphinwatching Tourismus, aber der Ort an sich ist jetzt nicht so beeindruckend. Was jedoch ganz witzig zu beäugen war, waren die Seals, das sind die Robben, die sich an der steinigen Küste von Kaikora tummeln. Die alten Fetten liegen faul in der Sonne rum und die jungen Spielen und springen was das Zeug hält. Eigentlich wie bei uns Menschen an einem Ferientag.

Die Küste von Kaikora
Von Picton fuhren wir am nächsten Tag weiter über Nelson nach Takaka Hill. Wir kauften uns die Karten für das Festival in einem Plattenladen in Nelson und deckten uns noch mit ausreichend Nahrungsmitteln ein. Dies war auch wohl gedacht, denn der Weg zum Festivalgelände war alles andere als kurz und ging kilometerweit über steinige, enge und unwegsame Straßen. Es erwartete uns dann aber ein wunderschönes Hochplateau mitten auf dem Berg umgeben von märchenhaftem Urwald. In diesen Wäldern wurden übrigens auch einige Szenen für den Film „Der Herr der Ringe“ gedreht. Am Einlass des Festivals mussten alle Ankömmlinge erst einmal warten. Es fehlte an Bändchen. Das wurde damit begründet, dass die Crew so entspannt sei, dass alles eben seine Zeit brauche.
Erst dort erfuhren wir, dass das Festival alkohol- und drogenfrei sein sollte. Jedoch meinte die nette Security Dame unsere beiden Flaschen Wein seien schon okay, wir sollten jedoch nicht so öffentlich trinken. Das fanden wir human. Und von wegen drogenfrei, alle anderen Arten der Geistesvernebelung wurden wohl nicht abgelehnt. Gleich am Einlass bekamen wir auch schon eine Idee dafür, wie viele Deutsche sich hier in diesem Gebiet tummeln. Es sind definitiv zu viele. Nach einer Information, die uns zu Ohren kam, liegt die Zahl der reisenden Deutschen bei 70.000. Wahnsinn! Jedenfalls kamen wir ins Festival und fühlten uns sofort wohl. Die Sonne schien, wir hatten eine riesige Wiesefläche als Campingplatz und das Festivalgelände selbst mit seinen Bühnen und Feuerplätzen, sowie den Tipis, dem Forum und den Veranstaltungszelten war so liebevoll und kreativ gestaltet, dass wir uns nur freuen konnten hergekommen zu sein. Wir kamen in den Genuss von toller Musik und wunderbaren Workshops und Vorträgen. Dieses Festival war nicht nur ein Musikfestival. Es war ein Fest der Freiheit, Kreativität und Liebe.

Gleich am ersten Abend wurde in einer Art Senke ein riesiges Feuer entzündet und so das Festival mit Trommelklängen und Tanz an dieser hellen, heißen Quelle eingeläutet. Die Menschen strömten herunter und ließen ihre Körper frei und kreativ zur Musik bewegen. Dies war die berauschende Eröffnung einer Woche, in der sich Menschen herzlich und offen begegneten, als gehörten sie alle zu einer großen Familie.

Jeden Abend, wenn es dunkel wurde, kamen viele an den großen Feuerplätzen zu einer Trommelsession zusammen. Jeder war eingeladen, zu trommeln, zu tanzen oder sich einfach vom Rhythmus packen zu lassen. Es war beeindruckend, die Menschen zu beobachten, die völlig ekstatisch und frei tanzten. Wir konnten völlig in die Stimmung eintauchen und ließen uns von ihnen anstecken.

Morgens begann der Tag für viele mit einer Yogastunde, danach folgten Workshops und Seminare zu Themen wie Meditation, alternativer Medizin, alternativer Landwirtschaft, Umweltschutz, Mantrasingen, Tanzen, Artistik oder Songwriting. Alle Workshops und Vorträge, die man hier besuchen konnte, waren natürlich frei. Besonders fasziniert hat uns auch ein Vortrag über die sogenannte Unified Field Theorie. Mehr als sechs Stunden zog der Redner schätzungsweise 200 Leute in seinen Bann, die sich dicht in einem Zelt zusammen huscheln mussten.


Wir machten viele nette Bekanntschaften. Eine besondere Begegnung war allerdings die, mit unserem Zeltnachbarn Chris. Der Halbitaliener und Halbkiwi ist ein sympathischer Zeitgenosse, der sich als Bauarbeiter vorstellte, in Wirklichkeit allerdings viel mehr als das ist. Viele Jahre arbeitete er z.B. als Heilpraktiker, Nummerologe und Yogalehrer, hatte aber kein Problem sich als Builder vorzustellen. Mit ihm hatten wir einigen Spaß. Er lud uns letzten Endes zu sich nach Hause ein. Allerdings residiert er auf der Nordinsel und so werden wir ihm frühestens im Mai begegnen können. Unser grober Plan ist es im Winter in den Norden zu fahren.

Die Kiwis scheinen sich im Allgemeinen nicht so wie wir über ihren Beruf zu definieren. Sie arbeiten auch nicht zwangsläufig das ganze Leben in einem Bereich. Wenn sie die Nase voll von etwas haben, machen sie eben etwas anderes. Das Schöne ist, dass sie sich nicht labeln, das heißt keinen Stempel aufdrücken mit ihrem Beruf. Anders als wir es von Deutschland gewohnt sind.

Übrigens brauchen wir unsere Reise gar nicht so sehr zu planen. Eines scheint zum anderen zu führen und so lassen wir uns treiben.

Wir blieben zunächst noch ein paar Tage länger auf dem schönen Festivalgelände und besuchten von da aus auch das 400 Meter tiefe Loch, das die Maori für den Zugang zur Unterwelt hielten. Wir machten uns noch ein paar entspannte Abende und sahen zu wie die Leute nach und nach abreisten. Anschließend zogen wir mit Sharon, einer Berlinerin, die ebenfalls das Festival besucht hatte und sich an uns hing, weiter, um gemeinsam den Abel Tasman Coast Track zu gehen. Ein 50 km langer Wanderweg an der wunderschönen Küste des Abel Tasman National Park. Da allerdings unsere Pläne etwas unterschiedlicher Natur waren, gingen Carina und ich den Walktrack dann getrennt von Sharon. Uns war dies lieber, denn wir fühlten uns etwas unserer Unabhängigkeit und Freiheit beraubt, wenn wir Sharon mit im Schlepptau hatten. Sie war jedoch sehr glücklich uns begegnet zu sein, weil es für sie als Alleinreisende ziemlich schwierig gewesen sein muss. Gerade mal mit der Schule fertig vermisste sie ihr Zuhause sehr. Zu zweit haben wir es eindeutig leichter.


J.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen